Teil 3 einer monatlichen Blog-Serie von Mag. Maria Eisl zu den Entwicklungsphasen des Kindes
03 Die Welt entdecken
Seelische Nähe baut Bindung auf
Seelische Einsamkeit bedeutet immer eine große Not für einen Menschen. Es ist nicht angeboren, dass ich sagen kann: „Es ist gut, dass es mich gibt“. Seelische Nähe kann nur „durch Zeit schenken“ aufgebaut werden. Das heißt ins Leben umgesetzt, dass ich da sein muss, wenn das Baby mich braucht. Ich muss aber nicht nur da sein, sondern das Kind muss dabei erspüren können, dass es wertvoll, kostbar und geliebt ist und keine Belastung bedeutet. Fürsorge und Liebe bedarf Zeit. Die seelische Nähe zur Mutter oder zum Vater, zu einer vertrauten Person, ermöglicht dem Kind diese frühkindliche Bindung und emotionale Stabilität aufzubauen.
Für die emotionale Entwicklung ist der Körperkontakt sehr wichtig. Die Haut ist das größte Organ. Wie herrlich, wenn das Kind auf der nackten Haut der Mutter oder des Vaters ruht und dabei den Herzschlag hört. Zwei Herzen schlagen für mich, ist dabei die Botschaft. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass eine von Herzen kommende Umarmung oder Liebkosung manchmal mehr heil werden lässt, als ein Gespräch oft vermag.
Der Säugling kann von Geburt an sehen, wenn auch anfangs nur sehr unscharf und verschwommen. Zwischen der 6. bis 10. Lebenswoche erwidert er den Blickkontakt bewusst. Der Blickkontakt zum Kind soll immer wieder gesucht werden. Das lächelnde Gesicht der Mutter oder des Vaters ist oft die beste Unterhaltung für das Baby.
Das rechte Maß finden
Bereits Babys lernen aus den Zusammenhängen. Das Kind lernt durch die Reaktion der Eltern auf seine Bedürfnisse, dass es ernst genommen und beachtet wird. Ein weiterer Lernprozess ist, dass nicht jeder geäußerte Wunsch, zum Beispiel immer getragen zu werden, den Eltern als dringlich erscheinen muss. Die beruhigende Stimme der Mutter oder der liebevolle Blickkontakt des Vaters kann dem Baby dabei helfen, dass es einübt, sich auch einmal kurzzeitig mit sich selbst zu beschäftigen. Die fürsorgliche Anwesenheit der vertrauten Person ist dabei wesentlich. In dieser Balance kann das Kind einen guten Selbstwert und Selbstständigkeit entwickeln.
In den ersten Monaten ist das Baby darauf angewiesen, dass die Eltern eine Umgebung bieten, welche die Sinne ausreichend stimuliert. Ebenso wichtig erscheint es, dass genügend und ausreichende Ruhephasen zur Verarbeitung der Reize geschafft werden. Je jünger ein Kind ist, desto weniger Abwechslung braucht es. Es sollte zu keiner Reizüberflutung kommen. Eltern haben hier meist ein gutes Gespür für das notwendige Maß an Ruhe.
Freude an der Bewegung
Jedes Kind hat sein Tempo bei der motorischen Entwicklung. Gerade hier gibt es oft große Entwicklungsunterschiede. Die Eltern sollen die Freude an der Bewegung fördern. In den kommenden Monaten lernt das Baby den Kopf zu heben, sich auf die Arme zu stützen, Gegenstände zu ergreifen, vergnügt mit den eigenen Füßen zu spielen, vom Rücken auf den Bauch zu drehen, ersten Krabbelversuche zu starten, beim Sitzen das Spielzeug genauer zu erforschen, sich an Möbeln hochzuziehen und entlang der Möbeln zu wandern und schlussendlich unter dem Jubelruf der Eltern die ersten Schritte zu wagen. Spielerisch kann das Baby zur Bewegung motiviert werden, indem Gegenstände in Reichweite platziert werden und sich das Baby robbend auf den Weg zum erwünschten Ziel macht.
Entdeckungsgebiet Wohnung
Um die Muskulatur zu stärken und Bewegungsabläufe einzutrainieren, muss das Baby Hände und Beine frei bewegen können. Babywippen und Babysitze fürs Auto sind zwar praktisch, jedoch schränken sie die Bewegungsfreiheit sehr ein. Beim Strampeln oder Krabbeln trainiert das Baby nicht nur die Muskulatur, sondern auch den Gleichgewichtssinn und das räumliche Vorstellungsvermögen wird gebildet. Bewegung fördert die Verknüpfung von Nervenenden. Daher sollte die Wohnung zum Entdeckungsgebiet für das Kind umfunktioniert werden. Deko-Sachen oder gefährliche Gegenstände wandern in obere, nicht erreichbare Ablagen. Steckdosen werden mit einer Kindersicherung ausgerüstet. Das Tischtuch gilt für eine Zeit lang als entbehrlich. Auf – und Abgänge, Herd sowie Schränke werden gesichert. Das Kind soll sich an kippsicheren Möbeln hochziehen können. Ein gesundes Kind wird früher oder später von selbst zum Laufen beginnen. Sollte ein Kind bis zum 20. Lebensmonat das Laufen noch nicht erlernt haben, sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden. Experten warnen immer wieder vor der Unfallgefahr bei der Verwendung von Lauflernhilfen. Diese Gehhilfen sind nicht hilfreich für die Entwicklung des Gleichgewichtssinnes und belasten die Muskulatur falsch.
Mit dem Mund wird alles erforscht
Je mehr Dinge ein Kind in die Hand nehmen und mit dem Mund berühren und erforschen darf, desto umfangreicher wird das Nervensystem, desto mehr Nervenverbindungen werden hergestellt. Da Lippen und Zunge viele Tastzellen besitzen, erhält das Baby viele Informationen. Die Gegenstände dürfen nicht zu klein oder spitz sein. Eltern sollen darauf achten, dass das Babyspielzeug farb- und speichelfest sowie giftfrei ist. Auf ein Qualitätssigel beim Kauf von Kinderspielzeug zu achten, erscheint daher als vernünftig. Durch den Umgang mit unterschiedlichen Gegenständen und Stoffen erfasst das Baby deren Funktion, Form und Beschaffenheit. Wenn das Kind eine Sache nicht haben darf, können die Eltern meist geschickt auf einen anderen interessanten Gegenstand ablenken. Dieses spielerische Ablenkungsmanöver lässt die Tränen schnell wieder trocknen. Die Geste des Gebens und Zeigens mit der Benennung des dazugehörigen Begriffes bereitet Babys meist große Freude. Durch das Ertasten sowie das Erfühlen von Dingen und der Wiederholungen der Begriffe dazu wird ein Meilenstein für die geistige Entwicklung gesetzt. Eltern sollen jede kleine Errungenschaft des Kindes anerkennen und dies durch Lob und Mitfreude zum Ausdruck bringen.
Mag. Maria Eisl, Referat für Ehe und Familie, Mutter von vier Kindern, Gründerin des Elternprojektes „Tief verwurzelt“. Gerne können Sie unter Maria.eisl@familie.kirchen.net mit der Autorin Kontakt aufnehmen.