Gedanken zum Vatertag
Der Schlüssel zum Glück meiner Kinder ist meine Frau
“Jedes Kind trägt ein Geheimnis in sich, etwas noch nie Dagewesenes, das nur mit Hilfe eines Vaters zur Entfaltung gebracht werden kann, der seine Freiheit respektiert; eines Vaters, der sich bewusst ist, dass sein erzieherisches Handeln erst dann zum Ziel kommt und dass er erst dann sein Vatersein ganz lebt, wenn er sich „nutzlos“ gemacht hat, wenn er sieht, dass das Kind selbständig wird und allein auf den Pfaden des Lebens geht, wenn er sich in die Situation Josefs versetzt, der immer gewusst hat, dass das Kind nicht seines war, sondern einfach seiner Obhut anvertraut worden war.”
Mit diesen Zeilen endet das Schreiben “Patris corde” (“Am Herzen des Vaters”) von Papst Franziskus, in dem er ausgehend vom hl. Josef viele schöne Gedanken über das Vatersein formuliert. In diesem kurzen Zitat steckt für mich sehr viel Tiefgründiges, was ich im Folgenden etwas ausführen möchte.
Bei all unseren Tätigkeiten ist es wichtig, ein Ziel vor Augen zu haben.
Das Vatersein gehört zu den vornehmsten und edelsten Aufgaben und erfüllt sich in dem Maß, in dem sich unsere Kinder nach und nach von uns lösen, um alleine das Leben zu meistern. Und damit sie das allmählich tun können, brauchen sie uns. Was für ein schönes Ziel, auf das wir unsere Bemühungen ausrichten dürfen!
Mit anderen Worten: Wenn ich in den entscheidenden Situationen meiner Kinder präsent bin, an sie glaube und ihnen Mut mache, bringe ich das in ihnen zur Entfaltung, was von Anfang in ihnen angelegt ist und sie zu einzigartigen und selbstständigen Menschen macht.
Wie kann dies gelingen? Ich denke, ein wichtiger Schlüssel zu diesem Ziel ist meine Frau. Wenn sie von den einzelnen Kindern erzählt und darüber, was jeden gerade beschäftigt, ist es gut, ihr einfach genau zuzuhören. Ich kann dann als Vater gegebenenfalls nachfragen und das Gespräch suchen: “Die Mama hat mir erzählt, dass es gerade (nicht) so gut läuft.” Oft ist die Reaktion die, dass unsere Kinder noch einmal oder auf etwas andere Weise von dem Erlebten erzählen, diesmal dem väterlichen Ohr. Sie wissen so, dass wir beide – Papa und Mama – an ihrem Wohl interessiert sind und deshalb gerne über sie (!) sprechen, sie unsere väterliche und mütterliche Zuneigung spüren, wir uns als Ehepaar ergänzen und an einem Strang ziehen.
Auch in anderer Hinsicht ist meine Frau der Schlüssel zum Glück meiner Kinder. Ich bin überzeugt davon, dass ich ihnen am meisten mitgebe, wenn ich ein vorbildhafter und guter Ehemann bin. Freilich hinke ich da immer wieder dem Ideal hinterher, aber wie überall im Leben ist hier das Bemühen entscheidend, das die Kinder sehr wohl wahrnehmen. War ich meiner Frau gegenüber zärtlich? Habe ich ihr konkret bei der vielen Arbeit geholfen? Haben wir uns bewusst Zeit genommen?
In vielerlei Hinsicht können wir als Väter mehr durch Taten als durch Worte unsere Liebe sprechen lassen.
Wenn die Kinder sehen, wie ich arbeite, wie ich bete, wie ich mit anderen Menschen umgehe, ist die Wirkung stärker, als wenn ich ihnen Vorträge über die Arbeit, das Gebet und den Umgang mit anderen halte.
Jetzt, wo ich selbst Vater bin, kommen mir wieder kleine Gesten meines Vaters in den Sinn. Wenn ich als Kind das Haus verließ, zeichnete er wortlos, aber bedächtig ein Kreuzzeichen auf meine Stirn. Intuitiv weiß ich jetzt, was er damit ausdrücken wollte: “Sei behütet auf all deinen Wegen und erreiche wohlbehalten deine Ziele. Wisse, dass du geliebt bist, von mir und Gott, dem Urquell aller Liebe!” Genau dies möchte ich meinen Kindern auch vermitteln, manchmal mit Worten, aber lieber noch ohne davon Gebrauch machen zu müssen. Ich möchte meinen Kindern durch einen Blick sagen können, dass ich stolz auf sie bin, wenn sie etwas gewagt haben; dass ich sie auch dann liebe, wenn sie einen Fehler gemacht haben; dass ich ihnen gerne zuhöre, auch wenn sie meinen, niemand interessiere sich für sie;…
Da wir Männer gerne mehr durch Unternehmungen “sprechen”, ist es wichtig, genau dies mit unseren Kindern zu tun. Und auch wenn die Zeit dafür oft knapp bemessen ist, bleiben Ausflüge und Abenteuer lange, wenn nicht ewig in Erinnerung! Dabei können wir auf Fragen unserer Kinder scheinbar beiläufig und doch ganz bewusst eingehen, ihnen Orientierung schenken und vor allem eines zum Ausdruck bringen: “Ich bin gerne für dich da!”
Können wir trotz unserer Bemühungen in entscheidenden Situationen fehlen, in denen unsere Kinder uns gebraucht hätten? Ich denke, wir können und sollen nicht ständig um unsere Kinder herum sein; gerade wir Väter sind dazu berufen, ihnen die Welt so zu zeigen, dass sie selbst zur rechten Zeit Schritte in die Freiheit wagen können. Wenn sie mit unserer Hand an ihrer Seite grundsätzlich rechnen können, werden sie eher ihren Weg gehen, als wenn wir entweder nie oder viel zu wenig für sie da waren oder ihnen durch ein zu dominantes Auftreten keine Luft zum Atmen ließen.
In diesem Sinn dürfen wir auf den hl. Josef schauen und stets “Hörende” bleiben.
So können wir uns immer mehr nach dem Willen Gottes ausstrecken. Diese Haltung bewahrt uns auch davor, uns von unserer eigenen oder der Meinung anderer abhängig zu machen und sie unseren Kindern aufzudrängen.
“So lehrt uns Josef, dass der Glaube an Gott auch bedeutet, daran zu glauben, dass dieser selbst durch unsere Ängste, unsere Zerbrechlichkeit und unsere Schwäche wirken kann. Und er lehrt uns, dass wir uns inmitten der Stürme des Lebens nicht davor fürchten müssen, das Ruder unseres Bootes Gott zu überlassen. Manchmal wollen wir alles kontrollieren, aber er hat alles wesentlich umfassender im Blick,” schreibt der Papst. Wir dürfen unseren Kindern vorangehen, bis sie eines Tages selbst mit Gottes Hilfe ihren Weg finden.
Dieser Artikel von Johannes Czifra erschien in der Väter-Rubrik der Zeitschrift “Sonne im Haus”.