Rein kirchlich heiraten – Wie geht das?
Spricht man vom Heiraten, wird selbstverständlich angenommen, dass standesamtlich geheiratet wird. Die kirchliche Trauung steht einem zusätzlich als Möglichkeit offen. Warum aber in dieser Reihenfolge? Geht es auch anders? Antworten auf diese Fragen findet ihr hier.
Was bedeutet es, staatlich zu heiraten?
In Österreich ist eine rein kirchliche Trauung vor dem Staat ungültig. Rechte und Pflichten von staatlich anerkannten Ehepaaren beziehen sich beispielsweise auf den Unterhalt, Obsorge, Namensrecht, Eigentum. Beziehungsthemen, wie gemeinsames Wohnen, Treue, Respekt und Beistand werden ebenfalls angeführt. All diese Aspekte können daher rechtlich in verschiedenen Lebenslagen zum Einsatz kommen. Besonders im wohl größten Unterschied zur kirchlichen Heirat: Der Scheidung.
Was bedeutet es, kirchlich zu heiraten?
Die kirchliche Trauung ist in erster Linie ein Sakrament. Sakramente sind äußere Zeichen einer geistigen Wirklichkeit. Wie bei der Beichte das Aussprechen der Sünden und der Schulderlass durch den Priester erfolgt, setzen die Brautleute ein Zeichen ihrer ewigen Liebe zueinander. Die Aufgabe von Mann und Frau ist es, Gottes Liebe auf der Erde sichtbar zu machen. Die wichtigsten Prinzipien sind dafür: Die Entscheidung aus freiem Willen, die ewige Treue und die Offenheit für Kinder.
Was alles konkret benötigt wird, findet ihr auf unserem Beitrag : https://www.ehe-familie.at/die-hochzeit-ein-besonderes-fest/.
Vom Standesamt in die Kirche – oder umgekehrt?
In Österreich sollte vor der kirchlichen Trauung standesamtlich geheiratet werden. Nur in Ausnahmefällen ist es andersherum gestattet. Das soll dem Ehepaar zugutekommen, um ihre Pflichten gewissenhafter einzuhalten.
So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! (Mt 22,21)
Nach diesem Motto ist die Reihenfolge zu verstehen. Es besteht eine Vereinbarung und ein Entgegenkommen zwischen Kirche und Staat. Früher wurde es durch das Reichskonkordat sogar verboten, rein kirchlich zu heiraten. Durch die Religionsfreiheit ist dies nun gelockert. Dennoch sollte die Reihenfolgenänderung zu den Ausnahmefällen zählen, weshalb nach einer Erlaubnis des Bischofs, das sogenannte „Nihil Obstat“, angesucht werden muss (Dispens = Befreiung; Aufhebung einer Verpflichtung).
Geschichtlicher Ausflug
Das Nihil Obstat (= Nichts steht ihm Weg) ist die Genehmigung, dass Paare ohne standesamtliche Trauung rein kirchlich heiraten dürfen. In Deutschland ist es erst seit 2009 durch die Änderung des Personenstandsgesetzes eingeführt worden. Durch die Gesetzesreform verpflichtet der Staat nicht mehr, sich zuerst standesamtlich zu trauen. Die Kirche in Deutschland sah deshalb den Anlass, die in Österreich seit 1980 wirksame Nihil-Obstat-Regelung zu übernehmen. In Österreich wird für eine Genehmigung inhaltlich eher auf wirtschaftliche Nachteile geachtet, während in Deutschland die Verpflichtung zur materiellen Fürsorge (füreinander und entstehende Kinder) betont wird. Genaue Gründe werden nicht angeführt, es gilt der offen interpretierbare Satz „wenn eine standesamtliche Eheschließung nicht zumutbar ist“. Ein Beispiel können Brautpaare sein, die durch die Eheschließung Anspruch auf Studienbeihilfen, Familienbeihilfen, Stipendien, … verlieren würden, da der andere Partner bereits berufstätig und somit unterhaltspflichtig ist.
Ablauf des Dispens-Ansuchens
Pfarre der Braut oder des Bräutigams um das gesonderte Formular ansuchen.
Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dadurch die rechtlichen Wirkungen einer staatlichen Ehe entfallen.
Die Brautleute versprechen, eine christliche Ehe zu führen und auch die materielle Fürsorgepflicht füreinander und mögliche Kinder wahrzunehmen.
Es müssen Gründe angegeben werden, weshalb man als Sonderfall zählt und man verspricht, bei Wegfall der Gründe, alsbald staatlich zu heiraten.
Bereitlegung des Ehevorbereitungsprotokolls und die Erklärung der Brautleute geht an die Erzdiözese (über das bischöfliche Generalvikariat zum Ordinarius, um genau zu sein)
Damit kann die kirchliche Trauung in die Kirchenbücher eingetragen werden.
Blog-Beitrag von Tanja Prattes, Praktikantin im Referat für Ehe und Familie
Quellen:
https://www.herder.de/stz/online/bischoefliches-nihil-obstat-fuer-eine-rein-kirchliche-trauung-die-regelung-der-deutschen-bischofskonferenz-fuer-den-wandel-von-der-vorgaengigen-zur-einfachen-pflichtzivilehe/
https://archive.ph/20130211045039/http://cms.bistum-trier.de/bistum-trier/Integrale?SID=CRAWLER&MODULE=Frontend&ACTION=ViewPageView&PageView.PK=17&Document.PK=57513
https://de.wikipedia.org/wiki/Verbot_der_religi%C3%B6sen_Voraustrauung#Deutschland